Im Fach Latein kannst du mehr lernen als Deklinationen, Verbformen und Satzkonstruktionen. Du kannst auch lernen, wie ein Theater oder ein Riesengrabmal für einen großen Feldherrn konstruiert ist oder wie ein Archäologe herausbekommt, aus welcher Zeit ausgegrabene Mauerreste stammen und woran man ein ein römisches Bauwerk erkennt. Denn die Architekten aus Rom haben gewusst, wie man dicke Wände stabilisieren kann, und sie haben dazu eine caementum-Mischung aus Naturstein, erhitztem Kalk und Ziegelsteinplatten erfunden.
Beim Bau des Mainzer Südbahnhofs 1886 erkannte man die Reste des antiken Theaters, aber das galt damals nicht als Sensationsfund, sondern sie wurden einfach überbaut. Ein gewisser Professor Neeb suchte 1914 erneut nach den Resten und veranlasste eine Grabung, aber dann kam der erste Weltkrieg und die Menschen hatten andere Sorgen. Erst als der Südbahnhof vor etwa 40 Jahren erneuert wurde, stieß man wieder auf die radial angeordneten römischen Fundamente der Sitzreihen und jetzt interessierte man sich dafür und buddelte, was das Zeug hält! Der „Südbahnhof“ wurde in „Bahnhof römisches Theater“ umbenannt.
Was für die Bahnreisenden nur durch eine Plexiglas-Wand zu sehen ist, durften die Schüler der 8 a und g mit ihrer Lateinlehrerin Frau Buchner-Naujoks betreten, denn Herr Geissler von der Gebäudewirtschaft hat einen Schlüssel, führte die Schülerinnen und Schüler hinein und wusste auf alles zu antworten, was gefragt wurde. Danach ging es in einen geheimen Gang, der für Normalsterbliche nicht gestattet ist, aber die Jungs und Mädels der 8ag Latein durften natürlich hinein.
Kaum waren einige von ihnen im Dunkel verschwunden, waren laute Schreie und schrilles Quieken zu hören. Es war wie erwartet dunkel, feucht und es roch modrig. Eine tote Ratte wurde irgendwo gesichtet…aber vielleicht war das auch nur ein Gerücht. Ein rostiger Türrahmen zeigte, dass dieser Gang im Zweiten Weltkrieg in den Bombennächten als Luftschutzbunker gedient hatte. Kaum vorzustellen…..
Dann war jede/r froh, endlich wieder an der frischen Luft zu sein. Letzte Station: Der Drususstein: ein etwa 20 Meter hoher, etwas plump aussehender Turm auf dem Zitadellengelände – ein etwa 2000 Jahre altes, von Legionären erbautes Ehrengrabmal für den Feldherrn Drusus, der mit dem römischen Kaiser Augustus verwandt war. Ein Kuriosum: Etwa auf halber Höhe eine Tür, die ins Nichts führt. Als Herr Geissler erklärte, dass früher eine Holztreppe zur Tür führte, verstand man das.
Zum Schluss bekamen wir einen würdigen Empfang im Drusus-Saal auf der Zitadelle. Wir bekamen alle ein Wasser und leckeres Eis spendiert. Schließlich geht es um Schülerinnen und Schüler, die mit ihrem Latein noch nicht am Ende sind, – vielleicht braucht manch eine/r von ihnen es später als Archäologe, Gästeführer, Bauingenieur oder Forscher?
Bettina Buchner-Naujoks