Umfrage: Perspektive auf Bildung für nachhaltige Entwicklung

Umfrage unter Schüler: innen der 8., 9, (evangelische und katholische Religion) und 10. Klasse (Ethik) zu ihrer Perspektive auf BNE (Bildung für nachhaltige Entwicklung)-Themen im Religions- und Ethik-Unterricht

Befragt wurden im Juli 2024 (nach Notenschluss) am Sebastian-Münster-Gymnasium Ingelheim Schülerinnen und Schüler der 8., 9. und 10. Klasse im Rahmen ihrer Religions- (1 mal katholisch, 1 mal evangelisch ) und Ethikkurse. Teilgenommen haben 62 Schülerinnen und Schüler aus drei Kursen.

Ziel war es zu erkennen, wie wichtig den Schülerinnen und Schülern die Themen Nachhaltigkeit und Klimaschutz im Unterricht sind, wie stark sie damit gedanklich und psychisch beschäftigt sind, wie gut sie diese im Unterricht repräsentiert sehen und welche anderen Themen sie sonst beschäftigen.

Wir haben als Lehrerinnen und Lehrer, die sich für Klimaschutz und Nachhaltigkeit am SMG engagieren, oft den Eindruck, dass unter den Schülerinnen und Schülern eine gewisse Übersättigung bzw. Müdigkeit bei BNE-Themen eingetreten ist, angesichts internationaler Kriege und einer verschlechterten wirtschaftlichen Situation, und wir wollten sehen, in welchem Maße diese ggf. das Interesse an Klimathemen überlagern und oder ob die Schülerinnen und Schüler in der Lage sind, globale Zusammenhänge wie den Kampf um knappe Ressourcen und Demokratie-Müdigkeit in wachsenden Wählerschichten zu erkennen. Formuliert wurden die Fragen von Frau Buchner entsprechend der Zielsetzung.

Die Fragebögen wurden auf Papier ausgedruckt in der Unterrichtszeit ausgeteilt und dort während einer ca. 20-30 minütigen Bearbeitungszeit beantwortet. Am Tag der Befragung herrschte eine relativ angenehme Außentemperatur von ca. 25 Grad, sodass das aktuelle Temperaturempfinden vermutlich wenig Auswirkungen auf die Befragungsergebnisse zum Klimawandel hatte, wie es bei einem Hitzetag vermutlich der Fall gewesen wäre.

Wir haben ihnen 4 geschlossene und eine offene Frage vorgelegt, wobei letztere nicht von allen beantwortet wurde. Die Antworten/Einschätzungen sollten in Punktwerten von 0 (gar nicht) bis 10 (sehr stark) angegeben werden, wie öfter im Unterricht bzw. bei Evaluierungen üblich, also eine für die Schülerinnen und Schüler relativ vertraute Methode, oft mit frei formulierbarer Ergänzungsmöglichkeit.

Hier die Fragen:

1. In welchem Maß beschäftigt dich persönlich der Klimawandel? Bitte einen Wert von 0 (gar nicht) bis 10 (sehr stark) angeben.

2. Welche anderen Themen und Probleme (z.B. Nahostkonflikt, Ukraine Krieg, wirtschaftliche Situation, Rassismus und Diskriminierung, Schule, persönliche Probleme wie Krankheit, Konflikte, Wohnungsnot) beschäftigen dich persönlich stärker als der Klimawandel? Bitte Zutreffendes unterstreichen und gerne weitere Punkte hier dazuschreiben.

3. Findest du, dass in der Schule zu viel, zu wenig oder genau im richtigen Maß über den Klimawandel gesprochen/informiert wird? Zutreffendes bitte unterstreichen, Raum für eigene Erläuterung und Ergänzungen.

4. Werden deiner Meinung nach bestimmte Themen (z.B. Nachhaltigkeit, Klimawandel, Demokratie) ausreichend in der Schule behandelt? Wünschst du dir mehr oder weniger davon? Bitte gib wieder einen Wert von 0 (wird viel zu wenig im Unterricht besprochen) bis 10 (viel zu viel besprochen) an:

a) Klimawandel: ….b) Nachhaltigkeit: …c) Demokratie: …; weitere Themen:………………………

5. Eigene Anregungen und Wünsche zum Thema für den Unterricht und das Schulleben:

Auswertung: SuS steht für „Schülerinnen und Schüler“, Erläuterung:

Frage 1: mit 51 SuS hat die Mehrheit einen stärkeren Wert von 5 bis 10 angegeben, darunter 18 SuS einen mittleren Wert von 5, 11 SuS Wert 6 und 10 SuS Wert 7, 8 SuS Wert 8, 3 Wert 9 . Nur 11 SuS hatten einen Wert unter 5, fühlen sich also weniger betroffen. Der überwiegende Anteil ist also mittelmäßig bis recht stark innerlich mit dem Klimawandel beschäftigt. Es ergibt sich ein Durchschnittswert von 5,79.

Frage 2: Hier wurde am häufigsten von 30 SuS das Thema „Rassismus und Diskriminierung“ genannt. Dies beschäftigt also fast die Hälfte der befragten SuS stärker als der Klimawandel, da sie sich vermutlich persönlich betroffen fühlen und/ oder diesbezüglich Alltagserfahrungen gemacht haben.

2. Stelle: 28 SuS nennen Thema „Schule, Noten“.

3. Stelle : 25 nennen den Nahostkonflikt und den Krieg in der Ukraine.

4. Stelle: 20 nennen „persönliche Probleme“, die unten weiter erläutert werden,

5. Stelle: 18 nennen die wirtschaftliche Situation mit Wachstumsrückgang und (erwartetem) geringerem Wohlstand für viele Bürger/innen.

Unter den „persönlichen Problemen“ werden als Beispiele genannt: 2 mal „Familie“, je einmal „Freunde“, „Mobbing“, „eigenes Wohlbefinden“, „politische Situation“, „ USA-Wahl“, „Sport“. Hieran zeigt sich, dass trotz des Titels der befragenden Schule „Schule ohne Rassismus-Schule mit Courage“, vielleicht auch aufgrund der erhöhten Sensibilisierung der SuS, dieses ein wichtiges Thema für Religions-, Ethik- und Sozialkundeunterricht wäre bzw. bleibt und vermutlich nicht nur auf Hautfarbe (der Migranten-Anteil ist unter 50% ) beschränkt, sondern auch auf das Geschlecht und die sexuelle Orientierung.

Dass das Thema „Schule/ Noten“ auch am Schuljahresende nach Notenschluss, aber vor der Zeugnisausgabe genannt wird, zeigt, unter welchem Druck die SuS sich vermutlich fühlen.

Frage 3: In allen 3 Kursen der befragten Schüler wurde das Thema thematisiert, es ist allen 3 Lehrkräften wichtig, dabei werden unterschiedliche Aspekte besonders betont. Genau die Hälfte, 31 SuS, finden, dass zu wenig über den Klimawandel gesprochen/informiert wird. Nur fünf empfinden es als zu viel. 23 SuS empfanden es als das richtige Maß. Dies widerspricht unserem subjektiven Eindruck, dass die SuS eine Übersättigung empfinden bzw. eine „Nachhaltigkeits-Müdigkeit“ bei den Jugendlichen eingetreten ist. Möglicherweise sind die anderen Unterrichtsthemen in Ethik/ Religion der 8./9./10. Klasse noch weniger interessant oder relevant für die SuS.

Frage 4: Beim Thema „Klimawandel“ nennen die meisten, also 24 SuS, den Wert 5, sie sehen ihn also genau richtig, weder als zuviel noch zu wenig behandelt. Neun SuS nennen einen Wert von 4, also als etwas zu wenig behandelt, je sieben SuS nennen Werte von 2, 3, und 6, zwei nennen den geringen Wert 1, je einer nennt die Werte 0, 7, 8, 9, keiner den höchsten Wert von 10. Damit ergibt sich ein durchschnittlicher Wert von 4,33, also auch bei diesen bzgl. Klimawandel überdurchschnittlich engagierten Lehrern sind die SuS recht zufrieden und tendenziell wünschen sie sogar etwas mehr Thematisierung. Zwei waren ungültig/keine Angabe.

Beim Thema „Nachhaltigkeit“ sieht es ähnlich, sogar etwas besser aus: Der größte Anteil der SuS, 16 von ihnen nennen den Optimal-Wert 5, je zehn die Werte 3, 4 und 7, je drei die nichtoptimalen Werte 1, 2 (zu wenig behandelt), 8 und 10 (viel zu viel behandelt), zwei SuS nennen Wert 6 und nur einer 9 von 10 Pkt. Damit ergibt sich der Durchschnittswert 4, 98. Einer ohne Angabe.

Bei dem Thema „Demokratie“ haben sechs SuS keine bzw. ungültige Angaben gemacht. Hier wird tendenziell eher ein „zuviel“ deutlich : 14 SuS geben Wert 7, 13 den Wert 6, nur neun den Idealwert 5 an, acht den Wert 4, vier SuS den Wert 8 , je drei die schlechten Werte 2 und 9, je einer die Werte 3 und 10. So ergibt sich der Durchschnittswert 5,9.

Frage 5: Hier werden von einigen SuS folgende Antworten genannt. Etwa die Hälfte schreibt keine Antwort. Hier zeigt sich wieder die Wichtigkeit des Themas „Rassismus und Diskriminierung“: Fünf SuS wünschen sich deutlich mehr Behandlung des Themas im Unterricht, eine Person schreibt, „zu viele machen Witze darüber“, eine andere meint, es solle hierbei nicht nur um die Hautfarbe, sondern auch um die sexuelle Orientierung gehen. Zwei SuS betonen hier noch einmal den Punkt aus Frage 4, dass sie sich mehr Behandlung des Klimawandels wünschen. Zwei SuS wünschen sich mehr Unterricht zu „Job und Beruf“.

Weitere Antworten der SuS nach ihren Wünschen für Unterrichtsthemen sind :

– „eigentlich wird nur Unterrichtsstoff gemacht“

– „mehr aktuelle Politik, Konflikte in der Welt, weniger Religion bzw. nur „Konflikte“

– „Geschlechtergleichstellung, die Stellung der Frau, Normen“

– „Aufklärung über die AfD und Rechtsextremismus“

– „Finanzen als eigenes Fach“, bzw. „Wirtschaft“

– „Neutraler über Krieg reden, beide Seiten anschauen“

– Bzgl. Klimawandel „nachhaltige Ideen umsetzen statt nur darüber sprechen“- „Mobbing“

– Eine Person wünscht sich insgesamt „mehr Sozialkunde und eine andere „mehr Geschichte“.

Die Angebote der Lehrkräfte in Bezug auf Nachhaltigkeit und Klimaschutz werden am SMG zwar derzeit wenig angenommen, und seit dem Schwächerwerden der Fridays-for-Future-Bewegung nehmen wir Lehrkräfte wenig Aktivitäten und Proteste von Seiten der SuS wahr, während zugleich Extremwetterereignisse, Dürren, Gletscherrückgänge und andere Phänomene die Dringlichkeit des Aktivwerdens zeigen.

Die anonyme Befragung weist jedoch nicht auf eine Übersättigung hin, sondern zeigt ein relativ großes Interesse an diesem Thema.

Jedoch werden andere Themen, vor allem Rassismus und Diskriminierung, von einem großen Teil der SuS als ebenso wichtig empfunden oder als sogar noch wichtiger, vor allem in Bezug auf den Religions- und Ethikunterricht. Auch die schulischen Leistungen bzw. der resultierende Druck beschäftigen unsere Kinder ähnlich stark wie der Klimawandel.

Bettina Buchner-Naujoks